Nach „Kuh-Urteil“

Neues Gesetz nimmt auch Almbesucher in die Pflicht

Österreich
11.03.2019 13:26

Nachdem ein Landwirt nicht rechtskräftig zu einer Zahlung von fast 500.000 Euro verurteilt worden war, hat sich nun die Bundesregierung eingeschaltet und am Montag eine - doch ziemlich massive - Änderung im Tierhaltergesetz angekündigt. Denn bisher war es am Tierhalter, respektive dem Bauern, im Schadensfall zu beweisen, dass er seine Tiere vorschriftsgemäß verwahrt hatte. Die kommende Novelle nimmt dagegen auch die Besucher der Alm in die Pflicht und appelliert an die Eigenverantwortung der Wanderer, Spaziergeher usw. - besonders, wenn Hunde mit dabei sind. Im Gegenzug sollen die Almen weiterhin für Besucher geöffnet bleiben.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sagte am Montag, sowohl der Tourismus, als auch die Landwirtschaft seien entscheidende Wirtschaftsfaktoren in Österreich und „brauchen einander“. „Wir wollen daher diese Koexistenz weiter gewährleisten. Dafür brauchen wir eine Situation, die sicherstellt, dass die Almen weiterhin geöffnet bleiben. Eine Schließung ist keine Lösung.“ Deshalb habe man gemeinsam ein Paket erarbeitet, dass dieses gute Miteinander auch in Zukunft gewährleistet sei.

Verhaltenskodex „ähnlich wie FIS-Regeln für Wintersport“
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) stellte anschließend die vier Eckpunkte des Maßnahmenpakets vor. „Das Problem ist größer als der Einzelfall“, betonte sie. Die rund 8000 bewirtschafteten Almen stellten einen essenziellen Teil der österreichischen Landwirtschaft dar, das Urteil habe zu massiven Verunsicherungen geführt. So soll als erster Punkt ein Verhaltenskodex für Wanderer, Spaziergeher, Touristen und alle anderen, die auf den Almen unterwegs sind, erstellt werden, „ähnlich der zehn FIS-Regeln im Wintersport“. Dabei sollen etwa der Abstand zu Mutterkühen oder das Verhalten, wenn Hunde mit dabei sind, festgelegt werden.

Zweitens soll ein Ratgeber für Almbauern entwickelt werden, der den Bewirtschaftern der Almen eine gewisse Rechtssicherheit verschaffen soll. Darin soll zum Beispiel genau vermerkt werden, wie Hinweistafeln aufzustellen sind oder etwaige Umzäunungen auszuschauen haben. Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger betonte dazu, dass das Urteil „für massive Verunsicherung gesorgt“ habe: „Wir brauchen hier klare Empfehlungen.“ 

Gesetzesänderung entlastet Tierhalter
Als dritten Punkt steht schließlich eine Novellierung des Tierhaltergesetzes (Paragraph 13/20 des AGBG) an. War bisher die Beweisschuld im Schadensfall beim Tierhalter, nämlich dass er sein Tier sicher verwahrt hatte, so soll künftig auch die Gegenseite in die Pflicht genommen werden. „Hier wird es einen Absatz zur Weidehaltung geben“, kündigte Köstinger an. „Das Gesetz soll die Eigenverantwortung, auch der Almbesucher, stärken.“ Man wolle schließlich ein gutes Miteinander erreichen. Zur Interessensabwägung und Bewertung zukünftiger Fälle soll der Verhaltenskodex für die Nutzung von Almen herangezogen werden, so Köstinger.

Beate Hartinger-Klein sagte dazu, sie als zuständige Tierschutzministerin unterstütze selbstverständlich die „Bewegungsfreiheit in der österreichischen Natur“. Dennoch sei ein Verhaltenskodex hier Vorraussetzung: „Hunde können bei Mutterkühen Stress erzeugen. Als Hundehalter muss ich das wissen.“ Zudem betonte sie, dass man auch im Rahmen der Initiative „Tierschutz macht Schule“ in den Schulen Informationsmaterial zu diesem Thema auflegen werde.

Als vierten Punkt will die Regierung die bundesweite Evaluierung und Vereinheitlichung von Versicherungslösungen zu diesem Thema. Moosbrugger sagte dazu, der Aktionsplan bringe damit „ein umfangreiches Vorsorgepaket“. Die Koalition drückt aufs Tempo: Schon bis Mitte April sollen die Maßnahmen ausgearbeitet sein.

„Kuh-Urteil“ sorgte für Wirbel
Auslöser für die nun vorgestellten Reformen war ein Urteil gegen einen Landwirt in Tirol. Am 28. Juli 2014 war eine 45-jährige Deutsche, die mit ihrem Hund unterwegs war, von Kühen attackiert und zu Tode getrampelt worden. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit erging am vergangenen Donnerstag das Urteil im Zivilprozess. Demnach muss der Bauer dem Witwer und dem Sohn rund 180.000 Euro sowie eine monatliche Rente an die beiden in der Höhe von insgesamt rund 1500 Euro zahlen. Daraufhin hatten Berg- und Kleinbauern von der Politik realitätsnahe Regelungen gefordert.

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