Bluttat in Gerasdorf

Lebenslange Haft für Auftragsmord an Tschetschene

Niederösterreich
06.08.2021 16:26

Mit lebenslanger Haft ist am Freitag in Korneuburg (NÖ) der Mordprozess um die Tötung des tschetschenischen Videobloggers Martin B. in Gerasdorf zu Ende gegangen. Der Angeklagte wurde schuldig gesprochen, seinen 43-jährigen Landsmann - einen Kritiker des tschetschenischen Regionalpräsidenten Ramsan Kadyrow - am 4. Juli 2020 erschossen zu haben.

Die Frau in der letzten Reihe des Verhandlungssaales schluchzt leise. Sie dreht ihren Kopf zur Seite. Niemand soll ihr Leid sehen. Der Richter hat gerade ein Foto ihres toten Mannes auf die Leinwand projiziert. Ihr toter Mann: der gebürtige Tschetschene Martin B. (43), geflüchtet vor Präsident Kadyrow. Aus seinem Hass auf den Despoten machte er keinen Hehl und schrie sich als Videoblogger „Ansor aus Wien“ seinen Zorn aus dem Leib. Das soll ihn das Leben gekostet haben, sind viele überzeugt. Das Wort Auftragsmord wurde im Vorfeld des Prozesses oft verwendet.

Vor Gericht steht ein Tschetschene (48). Doch Sar-Ali A. streitet alles ab. Lässt sich auch durch die belastenden Indizien nicht beirren. Fest steht: Er und das Opfer kamen über einen Waffenkauf in Kontakt. Am 4. Juli 2020 trafen die beiden auf dem Gelände einer Autowerkstätte in Gerasdorf bei Wien zusammen. Sar-Ali A. soll den Blogger mit sechs Schüssen, den letzten davon in den Kopf, hingerichtet haben.

Hat Angeklagter Kopfgeld bekommen?
Was der Angeklagte abstreitet: „Als ich weggefahren bin, hat der Mann noch gelebt.“ Ein völlig unbeteiligter Zeuge, der an seinem Auto herumschraubte, sah aber, dass Sar-Ali A. erst nach den Schüssen das Gelände verlassen hat. Warum nach seiner Verhaftung Schmauchspuren auf seinen Händen gefunden wurden und warum er Blut des Opfers auf seinen Schuhen hatte, konnte der Angeklagte auch nicht erklären. Doch warum hätte Sar-Ali A. töten sollen? Im Internet, so der Richter, habe man gemunkelt, der Angeklagte habe Kopfgeld bekommen. Es gibt ein Foto eines Bruders des Angeklagten, das diesen mit einem dicken Geldbündel zeigt.

Die Tatwaffe konnte nicht gefunden werden. Möglicherweise hat sie Sar-Ali A. nach dem Mord einem Boten übergeben. Laut Gerüchten müsse die Waffe dem Auftraggeber überbracht werden. Erst dann fließt Geld. Ob dieser Auftraggeber Kadyrow war, wird wohl nie restlos geklärt. Das Urteil - lebenslang - ist nicht rechtskräftig.

Peter Grotter
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